HO-RUCK NACH LINKS! Wie die SPÖ den Weg aus der Krise findet

Das Ergebnis der Mitgliederbefragung der SPÖ wurde gestern öffentlich präsentiert. Die führenden ParteifunktionärInnen verlautbaren seitdem, dass die Personaldebatte um die Vorsitzende nun endlich beendet sei und nun die volle Kraft auf die Bewältigung der Corona-Krise gerichtet wird. Die Corona-Krise selbst, kann ja als einziger großer Weckruf an die Sozialdemokratie verstanden werden. Plötzlich sind die eigenen Kernthemen, wie ein belastbares Gesundheitssystem, die Höhe des Arbeitslosengeldes, Kinderbetreuung oder eine Corona-Steuer für MillionärInnen im Zentrum der Öffentlichkeit. Ein aufgelegter Elfmeter für die SPÖ sozusagen. Damit der Ball dieses Mal – und auch in Zukunft wieder öfters – im Netz landet, habe ich drei Punkte zusammengefasst, ohne die es meiner Meinung nach keinen Aufbruch für die SPÖ geben wird.

Gerechtigkeit statt Kapitalismus

Die SPÖ hat ihren Kompass verloren. Einst war sie eine Partei, die ein klares Ziel vor Augen hatte. Den Sozialismus. Das bedeutete vor allem für eine Gesellschaft jenseits der kapitalistischen Ausbeutung zu kämpfen. Der Weg dorthin sollte mit Reformen und schrittweisen Verbesserungen geschaffen werden. Das große Ziel jedoch immer im Blick. Spätestens seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion Anfang der Neunziger, wurde der Kapitalismus als gegeben angesehen. Im besten Fall versuchte sozialdemokratische Politik diesen in Watte zu hüllen und etwas verträglicher zu machen. Im schlimmsten Fall, man schaue auf die Hartz-Reformen in Deutschland oder New-Labour in Großbritannien, hielt sie den großen Konzernen sogar den Steigbügel.

Die große historische Stärke der Sozialdemokratie – ein klares Ziel zu haben und auf dem Weg dorthin Millionen für die eigene Sache zu gewinnen – war dahin. Wenn die Sozialdemokratie nicht wieder ihre historische Rolle als Gegenspielerin des Kapitalismus aufnimmt, ist sie überflüssig.

Diese Rolle wieder einzunehmen, heißt vor allem wieder eine eigene Utopie zu entwerfen. Es gilt mit klaren Worten eine sozialdemokratische Gesellschaft zu beschreiben.

Beschäftigungsgarantie und Arbeitszeitverkürzung

Aber wie sieht eine sozialdemokratische Gesellschaft aus? Gut wäre es, gerade in Anbetracht der Corona-Krise, beim Thema Arbeit zu beginnen. Hunderttausende verloren in den letzten Wochen ihre Jobs. Für viele von ihnen wird es wohl kein Zurück mehr in ihre alten Anstellungen geben. Der Arbeitsmarkt muss daher mit staatlicher Hilfe organisiert werden. Dabei geht es nicht nur um Beschäftigung, sondern auch um sinnstiftende Arbeit. Gemeinden und Sozialprojekte müssen ausfinanziert werden und Menschen anstellen, die sonst keinen Job finden. Alle haben das Recht auf Arbeit und der Staat kümmert sich darum. Kurzum: Es braucht eine Beschäftigungsgarantie.

Einige progressive SPÖ-Abgeordnete forderten zum 1. Mai unter dem Motto: „6 Stunden Arbeit, 8 Stunden Schlaf und 10 Stunden Freizeit“ eine Arbeitszeitverkürzung auf 30-Stunden pro Woche. Mittels Arbeitszeitverkürzung Schritt für Schritt die Herrschaft über die eigene Zeit gewinnen. Freizeit dient dann nicht mehr nur zur Erholung von der Arbeit, sondern ist die Zeit, in der wir uns unseren eigentlichen Neigungen und den Dingen, die wir wirklich lieben, widmen. Eine Welt, in der uns nicht mehr die Arbeit definiert, sondern wir uns selbst? Das klingt schon fast nach Utopie.

Sesselpicker raus – IdealistInnen rein

Um auch wirklich die Kraft zu haben um die Gesellschaft vom Kopf auf die Beine zu stellen, muss in der SPÖ vieles passieren. Es gibt kaum einen ernsthaften inhaltlichen Diskurs in der Partei. KritikerInnen werden möglichst alle Türen verschlossen und rund ums Führungspersonal hängen dichte Trauben an Ja-Sagern und Sesselpickern. Konflikte werden oft gar nicht und wenn dann hinter dem Rücken ausgetragen. Intrigen und böses Blut inklusive. Echter Diskurs würde viele Widersprüche aufdecken und versteinerte Strukturen aufbrechen. Mitglieder brauchen mehr Mitsprachemöglichkeiten und ihre Vorsitzenden sollen von ihnen direkt gewählt werden. MandatarInnen und führende FunktionärInnen dürfen sich nicht auf ihren Positionen festbeißen.

Politik zu machen, darf nie zum Selbstzweck verkommen. Mandatszeitbeschränkungen oder Gehaltsobergrenzen sind Mittel, die dem entgegenwirken könnten.
Das Ziel muss sein, dem ganzen Parteiapparat das Kämpfen wieder zu lernen. Es wird wohl nicht anders gehen, als zuerst mit sich selbst zu ringen.